Wer klare Regeln hat, braucht keinen Populismus
Zur Begrüßung gab FDP-Kreisvorsitzender Alexander Reich einen kurzen Überblick über das Themengebiet und verdeutlichte dessen Aktualität. In letzter Zeit würde viel über mehr und schärfere Gesetze diskutiert, obwohl bereits die Einhaltung und Durchführung der bestehenden ausreichend wäre. Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit komme immer mehr abhanden. Dabei ging er u.a. auf die Novelle des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) und die Verfassungsbeschwerde gegen das PAG und auf den Entwurf eines Einwanderungsgesetzes seitens der FDP ein.
Stephan Thomae schloss daran an und sprach von einer seit drei Jahren taumelnden Politik der Bundesregierung in Sachen Migration, Kriminalität und Sicherheit. Dabei zitierte er den deutschen Philosophen Jürgen Habermas, der bereits 1985 von der „neuen Unübersichtlichkeit“ sprach. Der stellv. Fraktionsvorsitzende, der selbst dreieinhalb Wochen bei den Sondierungsgesprächen für eine sog. „Jamaika-Koalition“ teilgenommen hat, gab anschließend eine kurze Übersicht über seine Hauptarbeitsgebiete in den vergangenen drei Monaten. Der erste Schwerpunkt im vergangenen Vierteljahr sei für Thomae demnach die gemeinsam mit der ehem. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eingebrachte Verfassungsbeschwerde gegen die Novelle des PAG gewesen.
Thomae erläuterte dabei, welche Hauptkritikpunkte es am neuen PAG gibt: „Grundsätzlich gibt es eigentlich zwei Polizeibehörden: Eine, die nach der Strafprozessordnung (StPO) für die Strafverfolgung zuständig ist und die andere, die Gefahrenabwehr betreibt. Durch das neue PAG werden nun Zuständigkeiten aus der Strafverfolgung auf die für Gefahrenabwehr verantwortliche Behörde übertragen. Außerdem werden der Polizei Aufgaben übertragen, die eigentlich Geheimdiensten vorbehalten sind, beispielsweise das Verändern von Daten auf Computer- und Cloud-Speichern“, so der Bundestagsabgeordnete. „Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten darf aus meiner Sicht und aus Sicht der FDP keinesfalls aufgehoben werden.“
Ein weiterer Kritikpunkt ist der im PAG neu eingeführte Gefahrenbegriff der „drohenden Gefahr“: „Grundsätzlich droht natürlich immer irgendwo irgendwie eine Gefahr. Hier wird von der Polizei verlangt, eine Prognose für die Zukunft zu erstellen, es wird aber zugleich nicht definiert, wie weit diese Prognose gehen soll und was genau eine drohende Gefahr darstellt. Das lässt nicht nur viel zu viel Interpretationsspielraum und schadet damit der Rechtssicherheit, sondern setzt unsere Polizisten auch einer Situation aus, in der sie nicht sein sollten“, machte Thomae deutlich.
Der zweite Schwerpunkt seiner Arbeit lag den Sommer über in der Erarbeitung des Eckpunktepapiers für das Einwanderungsgesetzes, das die FDP in der kommenden Sitzungswoche im Bundestag einbringen wird:
Dieser Vorschlag für ein Einwanderungsgesetz beruht demnach auf einem „4-Türen- und 2-Säulen-Modell“, so Thomae. „Stellen Sie sich Deutschland als ein großes Haus vor. Nach unserer Vorstellung hat dieses Haus vier Türen: Die erste ist das Asylrecht, das zweite die Genfer Flüchtlingskonvention, die dritte die Arbeitsmigration und die vierte geht nur nach außen auf“, veranschaulichte der stellv. Fraktionsvorsitzende das Grundkonzept, um anschließend mehr ins Detail zu gehen:
„Durch die erste Tür können nur diejenigen können, die tatsächlich Anspruch auf Asyl haben, das sind nur sehr wenige: Wir sprechen hier von 4.000-6.000 Personen pro Jahr, auch zur Hochphase der Flüchltingsbewegung aus Syrien. Dabei handelt es sich um Menschen, die in ihrer Heimat auf Grund ihrer politischen Einstellung, ihrer Hautfarbe oder ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden“, verdeutlichte Thomae. Die zweite Tür wiederum öffne sich nur Menschen, die aus direkt von Kriegen betroffenen Gebieten fliehen und beziehe sich nur auf vorübergehenden Schutz bis zum Ende der Kampfhandlungen.
„Bei der Arbeitsmigration müssen wir uns aussuchen, wen wir wollen. Dafür sollte jährlich eine Gesamtzahl an Arbeitsmigranten festgelegt werden, mitsamt den Kriterien, die sicherstellen, dass nur diejenigen kommen, die am Arbeitsmarkt auch wirklich gebraucht werden.“ Bei der Arbeitsmigration werde zudem zwischen zwei Säulen unterschieden: Menschen, die bereits einen Arbeitsvertrag in Deutschland vorweisen können und solche, die das nicht können, denen aber überaus gute Chancen zugerechnet werden. Die vierte, sich nach außen öffnende Tür stehe für eine konsequente Abschiebung von Menschen mit negativen Bescheiden.
In diesem Zusammenhang sprach sich FDP-Landtagskandidat Wilhelm Gschossmann zudem für den sog. „Spurwechsel“ aus: „Wenn jemand aus dem Krieg flieht und sich in der Zeit, in der er hier ist, bereits gut integriert hat, Deutsch spricht, Arbeit hat, usw. - warum sollten wir denjenigen wieder zwingend abschieben? Diese Menschen sollten die Möglichkeit haben, über das ganz normale Verfahren zur sog. Tür 3 zu wechseln. Allerdings muss er sich dann natürlich auch dem ganz normalen Auswahlprozess und der Konkurrenz der anderen Bewerber stellen.“ Felix Pautzke, Listenkandidat für den Landtag, knüpfte daran an: „Wir gehen diese wichtigen Themen mit klaren und sachlichen Vorschlägen an. Wer klare Regeln hat, braucht keinen Populismus.“
Ingrid Porbeck, Listenkandidatin für den Bezirkstag und ehem. Schöffenrichterin, verwies darauf, dass sich die Justiz deutlicher darum bemühen müsse, Urteile zu erklären. Als Beispiel führte sie den Fall von Sami A., des vermeintlich ehem. Leibwächters Osama bin Ladens, an. Er war in NRW durch den FDP-Minister Stamp abgeschoben wurde, gerichtlich wurde diese Abschiebung im Anschluss als rechtswidrig bezeichnet: „Die Menschen können nicht nachvollziehen, warum Gerichte die Abschiebung eines offensichtlichen Straftäters vermeintlich verhindern wollen. Wir Liberalen erkennen die Gerichtsbarkeit als die 3. Gewalt an und respektieren die Urteile. Trotzdem müssten aber auch die Richter ihre Urteile deutlicher erklären als es bisher geschieht. So wie der Bundestag und die Bundesregierung über ihre Handlungen und Entscheidungen der Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen, sollten es auch die Richter tun, um der Staatsverdrossenheit der Bürger entgegenzuwirken.“